Autor: Rudolph Leder, gesagt Stephan Hermlin
Originaltitel: Die Kommandeuse
Erste Aufgabe: 1953
Übersetzung: -
Heute Nachmittag habe ich schnell den Text, über den gestern Abend in der Germanistik Vorlesung ausführlich gesprochen wurde, gelesen. Eine kurze Erzählung, die uns Professor W. nett aufs Internet geladen hat. Zahlreiche Zitate, und im Heftrand kurz: „Lesen. Unbedingt.“
Wie ich ja in der letzten Nacht Marguerite de Navarres Heptaméron endlich fertig gelesen habe, konnte ich mir diesen kleinen Abweg gönnen.
Der Text, aus der Sicht einer ehemaligen SS-Kommandeuse, scheint mir unglaublich zynisch, ist es aber womöglich aus dem Blickwinkel einer begeisterten NS-Parteigenossin ganz und gar nicht.
Durch Helga Webers Augen – in Wirklichkeit Erna Dorn - schildert Hermlin die Feigheit der Menschen, gestern für die Nazis, heute für die Bolschewiken, mit dem eben, wo es sich besser lebt lässt.
Scharf kritisiert, weil negativer Held, weil peinlich und peinigend zu lesen wegen des konsequent durchgeführten „aus dem Blickwinkel der Täterin“ schreiben. Scharf kritisiert, wie die meisten großen Werken aus dem Ostblock.
Und diese Passage, die die Erzählung so kraftvoll und eindeutig schliesst:
[…] Sie war zum Tode verurteilt.
Durch ein Brausen hörte sie die einzelne Worte: das Urteil sei endgültig und sofort vollstreckbar. Sie wollte nicht schreien und umfallen. Zum ersten und letzen Male in ihrem Leben suchte sie in sich vergeblich die unbekannte Kraft, die sie an ihren eigenen Opfern toll gemacht hatte. Da war ein deutsche Studentin gewesen, die sich stumm zu Tode prügeln ließ; eine Russin hatte vorher noch „Hitler kaputt!“ gerufen; vier Französinnen waren, die „Marseillaise“ singend, zum erschießen in den Bunker gegangen. Eine Stimme in ihr jammerte um ihr Leben. Da war nur diese Stimme in ihr und eine blutige wüste Leere, als zwei Volkspolizisten sie abführten.
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Artikel zum Thema:
Der Fall Erna Dorn (Zeit Online)
Erna Dorn auf 17juni53.de
Erna Dorn im DDR-Lexikon
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